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Seen und Flachmoore

Grössere und kleinere Seen, ihre Uferbereiche und Feuchtgebiete mit nur kleinen oder gar keinen offenen Wasserflächen sind spannende und vielseitige Lebensräume, die diverse Tier- und Pflanzenarten beherbergen. Auch unter den Vögeln gibt es zahlreiche Arten, die mehr oder weniger stark an Gewässer gebunden sind.

Offene Wasserfläche

Auf den offenen Wasserflächen suchen viele Vogelarten nach Nahrung. Einerseits sind dies die schwimmenden und tauchenden Gruppen wie Entenvögel, See- und Lappentaucher, Ruderfüsser und einzelne Rallen (z. B. das Blässhuhn). Andererseits gibt es auch Arten, die eher aus der Luft jagen und Nahrung an der Oberfläche abgreifen oder stosstauchend erbeuten; dazu gehören Möwen und Seeschwalben sowie einige Greifvögel (z. B. Fischadler, Seeadler und Schwarzmilan), Eisvögel und einzelne Eulen (z. B. Fischuhu). In Flachwasserzonen sind auch Schreitvögel, Limikolen und Gründelenten auf der Suche nach Nahrung.

See
Offene Wasserfläche mit einem natürlichen Schilfgürtel bei Parikkala (Finnland)

Uferzone und Flachmoore

Natürliche und naturnahe Seeufer sind ein breiter Übergang zwischen Land und Wasser mit einer grossen Vielfalt von Lebensräume. Durch das Pflanzenwachstum und die anschliessende Ablagerung und teilweise Zersetzung des toten Pflanzenmaterials findet eine langsame Verlandung statt, und die verschiedenen Vegetationszonen am Seeufer verschieben sich langsam Richtung Seemitte. Diese Verlandungszonen an Seeufern gehören zu den Flachmooren, welche auch an anderen nassen, permanent von Grundwasser gespiesenen Standorten vorkommen. Die Vegetation an Seeufern und in anderen Flachmooren ist massgeblich durch die Wassertiefe bzw. Bodenfeuchtigkeit und oft auch durch menschliche Eingriffe geprägt.

Schilfröhricht

Abgesehen von schwimmenden Pflanzen ist das Röhricht von der Seeseite her betrachtet der erste Vegetationstyp. Es wächst vor allem an permanent unter Wasser stehenden Standorten. Das Schilfröhricht bietet gute Deckung und Schutz gegen Landraubtiere, weshalb hier zahlreiche Vogelarten leben. Darunter sind Singvögel wie mehrere Rohrsänger-Arten, Rohrschwirl, Bartmeise und Rohrammer, Rallen wie z. B. Kleines Sumpfhuhn und Wasserralle und Schreitvögel wie Rohr- und Zwergdommel. Unter den Greifvögeln ist die Rohrweihe spezialisiert auf diesen Lebensraum, sie jagt und brütet hier. Lappentaucher und das Blässhuhn bauen ihre schwimmenden Nester oft versteckt im Röhricht oder an dessen Rand.

Flachmoor
Ausgedehnte Schilfflächen im Gebiet Albufera de Mallorca (Spanien)

Riedflächen

Auf das Röhricht folgen – je nach Wasserstand und Bewirtschaftung – Gross- und Kleinseggenrieder, Hochstaudenfluren und Pfeifengraswiesen. Im Gegensatz zum Röhricht stehen diese Lebensräume nicht dauernd unter Wasser. Die offenen Riedflächen sind Lebensraum zahlreicher Limikolenarten, die hier Nahrung suchen und teilweise auch Brüten; z. B. Kiebitz, Bekassine und Rotschenkel. Auch für einige Rallen, z. B. Zwerg- und Tüpfelsumpfhuhn, sind die Riedflächen mit dichter, niedriger Vegetation der bevorzugte Brutort. Die Seggenhorste in den Grossseggenriedern können Brutplatz von Lachmöwenkolonien sein. Zahlreiche Schreitvögel suchen auf den offenen Riedflächen nach Nahrung.

Flachmoor
Riedflächen mit Schilfröhricht und offenem Wasser im Kaltbrunner Riet (Schweiz)

Weidengebüsche und Bruchwälder

Anschliessend an Röhricht und Grossseggenrieder wachsen natürlicherweise Weidengebüsche und Bruchwälder. Der Boden ist permanent sumpfig, aber meist nur wenige Wochen bis Monate im Jahr überflutet. Weidengebüsche und Bruchwälder fehlen vielerorts, da sie abgeholzt wurden, um das Land erst als Weide-, später als Streuflächen zu verwenden; dies sind heute Kleinseggenrieder und Pfeifengraswiesen. Natürlicherweise würden Bruchwälder nur auf extrem nährstoffarmen Standorten fehlen, die heute kaum mehr existieren. Weidegebüsche und Bruchwälder sind die Heimat von Arten wie Nachtigall, Pirol und Grauspecht.

Vegetationslose Uferzonen

Mehr oder weniger vegetationsfreie Uferbereiche können dort entstehen, wo bei niedrigem Wasserstand Sand- und Schlickbänke trockenfallen oder wo durch einmündende Flussläufe frisches Schwemmgut abgelagert wird. Auf solchen Flächen suchen viele Vogelarten nach Nahrung - besonders typisch sind natürlich die Limikolen, aber auch diverse Schilfvögel wie z. B. Rallen, Bartmeise und Rohrammer kommen zur Nahrungsaufnahme hierher.

Bartmeise
Bartmeise auf Nahrungssuche am schlammigen Ufer eines Teiches im Hortobágy-Nationalpark (Ungarn)

Naturschutzaspekte

Flachmoore gehören zu den am stärksten durch den Menschen beeinträchtigen Lebensräumen in Mitteleuropa. Viele Seeufer wurden verbaut oder sind als Naherholungsgebiete einem hohen Besucheraufkommen und damit einhergehenden Störungen ausgesetzt, Feuchtgebiete wurden zwecks landwirtschaflicher Nutzung trockengelegt. Auch die fehlende natürliche Dynamik – in vielen Seen wird z. B. der Wasserstand künstlich reguliert – beeinträchtigt den Lebensraum. Hinzu kommt der hohe Nährstoffeintrag aus der Luft (Stickstoff aus Abgasen) und teilweise aus der umliegenden intensiven Landwirtschaft. Dadurch verändert sich die Pflanzengesellschaft, und die Pflanzen wachsen schneller, was die Verlandung schneller voranschreiten lässt.
Um die Verlandung zu verlangsamen und der Verbuschung offener Flächen entgegenzuwirken, sind heute deshalb Pflegemassnahmen nötig. In vielen Gebieten werden Riedwiesen und Röhricht gemäht und das Schnittgut abgeführt. Auch eine schonende Beweidung, z. B. mit Schottischen Hochlandrindern oder Wasserbüffeln, kann eine sinnvolle Massnahme sein.
Auf der anderen Seite hat sich in den letzten Jahrzehnten die Wasserqualität der meisten Seen Europas durch die Einführung von Kläranlagen wieder deutlich gebessert. Möglicherweise problematisch sind heute vor allem noch sogenannte Mikroverunreinigungen durch Medikamentenrückstände und Ähnliches.
Mit Blick auf die Zukunft ist vor allem der unbedingte Schutz der verbleibenden naturnahen Seeuferzonen von grosser Bedeutung. Auch eine gute Besucherlenkung zur Reduktion von Störungen, sowohl auf der Land- wie auch auf der Wasserseite, ist für die Brutvögel ebenso wichtig wie für rastende und überwinternde Zugvögel.