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Wald

Der grösste Teil Europas wäre ohne menschlichen Einfluss von Wald bedeckt. Natürlicherweise waldfreie Gebiete kommen nur unter den folgenden Bedingungen zustande:

  • Zu trocken: Für Waldwuchs zu trockene Bedingungen findet man teilweise im Mittelmeerraum sowie in den Steppen Osteuropas.
  • Zu feucht: Auch auf zu feuchten Standorten, z. B. in Mooren und im Verlandungsbereich von Seen, gedeiht kein Wald.
  • Zu kalt: Im Norden und in hohen Gebirgslagen ist es zu kalt bzw. die Vegetationszeit ist so kurz, dass Bäume nicht gedeihen können.
  • Vorübergehend waldfreie Gebiete entstehen auch durch andere Ereignisse wie Stürme, Waldbrände, Lawinen oder Überschwemmungen (z. B. in Auengebieten).

Heute sind durch menschliche Aktivitäten viele weitere waldfreie Gebiete entstanden. Das Ausmass der Rodung variiert dabei regional stark. In der Schweiz und in Deutschland sind jeweils noch etwa ein Drittel der Landesfläche bewaldet, in Österreich die Hälfte. Hier ist somit noch verhältnismässig viel Wald übrig, wenn man die natürlicherweise waldfreien Standorte bedenkt. Besonders extrem ist der Verlust des Waldes z. B. in Island, wo nur noch 2% des natürlichen Waldes vorhanden sind! Auch im Mittelmeerraum, wo normalerweise Hartlaubwälder vorherrschen würden, sind nur noch Fragmente von diesem Lebensraum übrig.

Waldtypen

Wald ist nicht überall gleich. Je nach den Standortbedingungen sind andere Baumarten vorherrschend und unterschiedlich sind auch die weiteren Pflanzen- und Tierarten, die in den Wäldern vorkommen. Grundsätzlich kann man zwei Typen von Wäldern unterscheiden: Laub- und Nadelwald.

Laubwald

Abgesehen vom Norden kommen in Europa vorwiegend Laubwälder vor. An den meisten Standorten ist dabei die Buche als konkurrenzstärkste Baumart dominierend. Ausgewachsene Buchenwälder haben ein dichtes Kronendach, welches nur wenig Licht durchlässt. Dadurch gedeihen nur wenige Sträucher und Kräuter im Buchenwald. Typische Vogelarten sind hier z. B. Bunt- und Schwarzspecht, Hohl- und Ringeltaube oder Wald- und Habichtskauz. Auch zahlreiche Singvögel kommen vor, etwa Meisen (Kohl-, Blau- und Sumpfmeise), Drosseln (Singdrossel und Amsel), Trauerschnäpper, Waldlaubsänger und Buchfink.

Buchenwald
Buchenwald in den Voralpen bei Glarus (Schweiz)

An trockeneren Standorten wird die Buche als dominierende Baumart durch die Eiche abgelöst. Auch gewisse Bewirtschaftungsformen können die Eiche begünstigen: In Mittelwäldern werden grosse Eichen als Überhälter stehengelassen, während die darunter wachsenden Hainbuchen zwecks Brennholzgewinnung regelmässig auf den Stock gesetzt werden. Dadurch entstehen offene, helle Wälder - ein wichtiger Lebensraum für viele spezielle Tier- und Pflanzenarten. Da auch gesunde Eichen oft tote und morsche Äste mit Höhlen haben, sind Eichenwälder interessant für höhlenbrütende Vögel und totholzbewohnende Insekten. Vom grossen Insektenreichtum der Eichen profitieren auch insektenfressende Vogelarten, die in Eichenwäldern oft in hohen Dichten vorkommen. Auch die grobe Borke mit vielen Spalten macht Eichen zu einem spannenden Lebensraum für Insekten. Davon profitiert z. B. der Mittelspecht, ein typischer Eichenwald-Spezialist: Er ist, anders als etwa der Buntspecht, nicht in der Lage, Insekten aus dem harten Holz herauszuhacken - er sucht seine Nahrung bevorzugt in Ritzen und Spalten von grobborkigen Bäumen.

Eichenwald
Mittelwald mit Eichen im Naturpark Forêt d'Orient (Frankreich)

Während im gemässigten Klima von West-, Mittel- und Osteuropa sommergrüne, laubwerfende Wälder vorherrschen, wären im Mittelmeerraum mit trockenen Sommern und milden Wintern die immergrünen Hartlaubwälder die natürliche Waldform. Von diesen Wäldern, in denen die Steineiche die wichtigste Baumart ist, sind allerdings nur noch kleine Reste übrig; der Grossteil wurde zur Gewinnung von Bau- und Brennholz sowie Landwirtschaftsland abgeholzt. Heute wächst dort oft ein bis maximal 5 Meter hoher Gebüschwald, die sogenannte Macchie. Typische Bewohner dieses Lebensraumes sind die Grasmücken.

Nadelwald

Nadelwälder gedeihen vorwiegend dort, wo Laubbäume nicht überleben können. Nadelbäume sind aufgrund ihrer Blattform vor allem toleranter gegenüber Kälte und Trockenheit. Natürliche Nadelwälder finden sich somit in Nordeuropa und in der subalpinen Zone in Gebirgen, wo es für Laubwälder zu kalt ist; und an für Laubwälder zu trockenen Standorten.
In den nordeuropäischen Wäldern (Taiga) sind Fichte und Kiefer dominierend, in subalpinen Wäldern Mitteleuropas meist die Fichte. Typische Vogelarten dieser Wälder sind z. B. Auerhuhn, Dreizehenspecht, Eulen (Sperlings-, Raufuss- und Bartkauz, Sperbereule) sowie viele Singvögel (Goldhähnchen, Tannen-, Hauben- und Lapplandmeise, Waldbaumläufer, Mistel- und Ringdrossel, Hakengimpel, Kreuzschnäbel, Tannen- und Unglückshäher).

Borealer Fichtenwald
Fichtenwald (Taiga) im Pallas-Yllästunturi Nationalpark (Finnland)

In den Zentralalpen werden die Fichtenwälder nach oben durch Lärchen-Arvenwälder abgelöst. Charakteristische Vogelarten dieses Lebensraumes sind Birkhuhn, Tannenhäher und Weidenmeise ("Alpenmeise", Unterart montanus). Auch zahlreiche weitere Arten der Fichtenwälder kommen im Lärchen-Arvenwald vor.

Lärchen-Arvenwald
Lärchen-Arvenwald im Aletschgebiet (Schweiz)

An sehr trockenen Standorten, etwa auf sandigen oder sehr kalkreichen Böden, gedeihen Kiefernwälder. Lichte Föhrenwälder auf sandigem Boden sind z. B. ein wichtiger Lebensraum des Ziegenmelkers.

Aufbau des Waldes

Eine besondere Eigenschaft des Waldes ist sein dreidimensionaler Aufbau, welcher zahlreiche ökologische Nischen bietet. Es werden verschiedene Schichten unterschieden, sie alle haben spezialisierte Bewohner:

  • Kronenschicht: Das "Dach" des Waldes, bestehend aus den Baumkronen. Hier suchen verschiedene insektenfressende Vogelarten nach Nahrung, z. B. Laubsänger und Meisen. Aber auch unter den Arten mit gemischter oder eher pflanzlicher Nahrung gibt es typische Kronenschicht-Bewohner, z. B. Kernbeisser und Pirol.
  • Strauchschicht: Unter der Kronenschicht folgt die Strauschicht. Sie ist massgeblich geprägt durch die Ausbildung der Kronenschicht - ist diese geschlossen und lässt kaum Licht durch, ist die Strauchschicht praktisch inexistent und der Stammraum offen; bei Lücken in der Kronenschicht kann sich dagegen eine dichte Strauchschicht entwickeln. Typische Vogelarten der Strauchschicht sind z. B. Rotkehlchen und Zaunkönig. An den Stämmen der grösseren Bäume suchen ausserdem Baumläufer und Spechte nach Nahrung.
  • Kraut- und Moosschicht: Die untersten Schichten direkt über dem Boden. Wie die Strauchschicht hängt auch die Ausbildung der Krautschicht stark davon ab, wie viel Licht die oberen Schichten durchlassen. In geschlossenen Wäldern kommen hauptsächlich frühblühende Arten wie das Buschwindröschen vor, die sich noch vor dem Austreiben des Laubes entwickeln. Auch am Waldboden suchen diverse Vogelarten nach Nahrung, so z. B. die Drosseln.

Naturschutzaspekte

Da Wälder in weiten Teilen Europas natürlicherweise der vorherrschende Lebensraum wären, sind die meisten hier vorkommenden Tier- und Pflanzenarten ursprünglich mehr oder weniger ausgeprägte Waldarten. Intakte, grossflächige und naturnahe Wälder sind daher von grosser Bedeutung für die Erhaltung der Biodiversität.
Heute werden die meisten Wälder in Europa forstwirtschaftlich mehr oder weniger intensiv genutzt. Echte Urwälder findet man nur noch an wenigen Orten, abgesehen von der nordwestrussischen Taiga liegt der letzte grossflächige Urwald Europas in den rumänischen Südkarpaten.
Sofern die Bewirtschaftung der Wälder standortgerecht und naturnah ist, können auch forstwirtschaftlich genutzte Wälder eine hohe Anzahl Arten beherbergen. Was fehlt, sind insbesondere alte, totholzreiche Wälder und somit auch die Arten, die darauf spezialisiert sind (unter den Vögeln beispielsweise der Weissrückenspecht). Auch lichte Wälder und Übergangsbereiche zwischen Wald und Offenland sind selten gewordene Lebensräume.